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Das Schwert des Himmels 2

Geschrieben von Liam Blue

Published
November 15, 2025

Als Ebook erhältlich

3,99 €

Als Taschenbuch erhältlich

12,95 €

Die verschwundenen Weltenwunder

Fünf himmlische Jahre sind vergangen – doch auf der Erde wütet das Chaos.

Li Tian, der wiedergeborene Schwertmeister des Himmels, wird vor den Thron des Himmlischen Kaisers gerufen: Drei Weltenwunder, die das Gleichgewicht der Reiche sichern, sind verschwunden. Ohne sie droht die Zeit selbst zu zerreißen.

An Li Tians Seite steht Bai Lian, die Halbgöttin, die sich verzweifelt aus den Fängen der himmlischen Bürokratie befreien will. Doch ihre Reise führt sie nicht nur durch die drei Reiche – sie entfesselt auch die Geister der Vergangenheit.

Als ein alter Feind aus den Trümmern der Zeit auftaucht, muss Li Tian wählen: Wird er sein Herz erneut einer Dämonin öffnen … oder die Welt opfern, um Mei Lings Andenken zu bewahren?

Leseprobe

Episode 1



~ Die Versammlung im Himmel ~

»LI TIAN!«, ZISCHTE ES, so schneidend wie ein Frostwind im Winter. Der heilige Quell, an dem der Schwertmeister weilte, kräuselte sich, als ob er von der plötzlichen Störung erzitterte.
Li Tian öffnete ein Auge. Bai Lian stand da, die Hände in die Hüften gestemmt wie eine Marktfrau, die mit einem unverschämten Händler verhandelte. Ihr himmlisches Gewand, normalerweise von makelloser Reinheit, war achtlos zur Seite geschoben, und darunter blitzte etwas hervor, das entfernt an ein … Dienstgewand erinnerte? Er zog die Brauen zusammen. »Bai Lian. Was gibt’s? Ich war gerade dabei, zur Erleuchtung aufzusteigen – jener Stufe, auf der Qi und Dao eins werden.«
Sie schnaubte. Erleuchtung? Hier? Zwischen Staubmäusen, leeren Weinkrügen und diesen traurigen verwelkten Lotusblüten? Sieht eher aus, als pflegtest du den himmlischen Müßiggang. Oder ist das die neue himmlische Anmut?«
Mit einem Seufzer, der die Geduld eines alten Weisen verriet, erhob sich Li Tian. Die langen, nachtschwarzen Haare, durchzogen von silbernen Fäden wie Blitze in einer dunklen Nacht, fielen ihm über die breiten Schultern. »Ich habe Wichtigeres zu tun, als Staub zu jagen. Das Schwert des Himmels will sich nicht formen lassen, egal wie sehr ich mich anstrenge.«
Er deutete auf den schlichten Opfertisch, auf dem ein wirbelnder Nebel aus himmlischem Qi tanzte, schimmernd in allen Farben des Regenbogens. »Siehst du? Es gehorcht einfach nicht.«
Bai Lian warf dem Nebel einen flüchtigen Blick zu und schüttelte den Kopf, als würde sie einem störrischen Kind die Leviten lesen. »Das ist doch keine Rechtfertigung! Du bist ein Gott, Li Tian. Ein Schwertmeister des Himmels! Dir sollten himmlische Feen dienen, die dich umsorgen und dir jeden Wunsch von den Augen ablesen. Aber nein, du sperrst dich ja beharrlich dagegen. Gut, dann genieße eben die Früchte deiner Entscheidung!«
Sie wirbelte herum, ihr Gewand wie ein aufbrausendes Meer, und deutete auf einen Berg von Schriftrollen, der sich neben einem überquellenden Korb auftürmte. »Und was ist mit dem Papierkram? Bittgesuche, Berichte aus dem Dämonenreich – willst du mir erzählen, dass du das alles gelesen hast?«
»Tue ich noch.«, murmelte Li Tian, während sich die stechenden Worte wie Pfeile in sein Herz bohrten. »Irgendwann lese ich sie.«
Bai Lian stöhnte auf, als ob sie die Last der gesamten Welt auf ihren Schultern trug. »Weißt du, ich verstehe ja, dass du immer noch an Mei Ling hängst. Aber muss ich deshalb deine persönliche Putzfee sein? Ich bin eine Göttin, keine Magd!« und etwas leiser flüsterte sie: »Ich wollte an deiner Seite stehen, nicht hinter dir mit dem Staubwedel.«
Just in diesem Moment senkte sich ein himmlischer Bote vor ihnen herab, die Füße kaum den Boden berührend, und übergab Li Tian eine Schriftrolle, die von himmlischem Licht umgeben war. Er verbeugte sich tief, die Stirn fast den Boden berührend. »Euer Exzellenz, der Himmlische Kaiser bittet Euch, sofort im Palast der Höchsten Harmonie zu erscheinen.«
Li Tians Züge verfinsterten sich. »Na wunderbar. Kaum will ich mal meditieren, schon ruft der Kaiser.« Er warf Bai Lian einen entschuldigenden Blick zu, der mehr Bedauern enthielt, als er zu zugeben bereit war. »Sieht so aus, als müsste deine Putzarie noch warten.«
Bai Lian seufzte theatralisch: »Ich komm mit. Und während wir weg sind, schicke ich ein paar Feen aus dem Palast meines Vaters herüber. Vielleicht schaffen die, was du seit Jahren ignorierst.«
Als Li Tian und Bai Lian dem Boten folgten, schimpfte sie noch immer vor sich hin: »Ein Gott, der nicht mal seine eigenen vier Wände im Griff hat. Himmel hilf!«
Der Weg zum Palast des Himmlischen Kaisers führte durch die himmlischen Gärten, in denen die Blumen in Farben blühten, die auf der Erde unbekannt waren, und die Flüsse aus flüssigem Licht bestanden. Normalerweise fand Li Tian in dieser Pracht Trost, doch heute bemerkte er sie kaum. Seine Gedanken waren bei Mei Ling, deren Opfer vor fünf himmlischen Jahren – fast zweitausend Jahren in der Welt der Sterblichen – ihm noch immer wie ein brennender Schmerz im Herzen lag.
Er erinnerte sich an den Tag, als er sich zum Dämonen Kaiser krönen ließ, um ihr Vermächtnis zu ehren und die Beziehungen zwischen dem Himmelreich und dem Dämonenreich zu verbessern. Ein Jahr hatte er dort verbracht, die Dämonen von ihrem Unterlegen- heitsgefühl befreit und bessere Handelsbedingungen geschaffen. Er hatte einen neuen Dämonenkönig aus den Reihen der Dämonen ernannt und war dann in den Himmel zurückgekehrt, erfüllt von der Hoffnung, dass seine Taten Mei Lings Andenken würdig waren.
Die letzten vier Jahre hatte er im Himmel verbracht, abgeschieden und dem Dao der Schwertkunst ergeben. Er hatte versucht, ein neues Schwert des Himmels zu verfeinern, ein Werkzeug, das seiner göttlichen Macht würdig war. Doch es war ihm nicht gelungen. Das Schwert blieb ein unvollendetes Projekt, ein Symbol seiner eigenen Unvollkommenheit.
Bai Lian, die Halbgöttin, war ebenfalls vor vier Jahren in den Himmel zurückgekehrt. Sie hatte sich mit ihrem Vater, dem Gott des Regenbogens, versöhnt und lebte nun in seinem Palast. Doch ihr Herz sehnte sich immer noch nach Li Tian, dem Mann, der ihre Gefühle nicht erwiderte, weil er nicht über den Verlust seiner geliebten Mei Ling hinwegkommen konnte.
Immer wieder hatte Bai Lian ihn besucht, hatte versucht, ihn aufzuheitern und sich um seinen vernachlässigten Palast gekümmert. Li Tian wusste ihre Bemühungen zu schätzen, doch er konnte ihr nicht das geben, was sie sich wünschte. Er war ein Gefangener seiner Vergangenheit, ein Mann, der von der Erinnerung an eine verlorene Liebe besessen war.
Als Li Tian den Palast der Höchsten Harmonie erreichte, spürte er eine dunkle Vorahnung, die sich wie ein eisiger Wind um sein Herz legte. Etwas war geschehen, etwas, das das Gleichgewicht der drei Reiche bedrohte. Und er, Li Tian, der Schwertmeister des Himmels, würde gerufen werden, um die Ordnung wiederherzustellen.

Der Palast der Höchsten Harmonie erhob sich vor Li Tian wie eine Vision aus Gold und Jade. Seine Türme durchbohrten die himmlischen Wolken, und seine Dächer schimmerten im Glanz von tausend Sonnen. Der Duft von Räucherwerk und seltenen himmlischen Blumen lag in der Luft, vermischt mit dem leisen Summen der göttlichen Energie, die durch die Hallen pulsierte.
Als Li Tian den Thronsaal betrat, spürte er den Blick von Hunderten von Göttern und Göttinnen auf sich ruhen. Sie standen in Reih und Glied, gekleidet in prächtige Gewänder, die ihre Macht und ihren Status widerspiegelten. Einige nickten ihm respektvoll zu, andere warfen ihm verstohlene Blicke zu, gefüllt mit Neid oder Misstrauen. 
Auf dem Thron, der aus einem einzigen Block himmlischen Jaspis gehauen war, saß der Himmlische Kaiser. Sein Gesicht war von Sorge gezeichnet. Trotz seiner Jugend strahlte er eine Aura der Weisheit und Autorität aus, die Li Tian tief beeindruckte.
»Schwertmeister Li Tian«, begann der Kaiser, seine Stimme hallte durch den Saal. »Ich habe dich rufen lassen, weil eine ernste Angelegenheit unsere Aufmerksamkeit erfordert. Wie du weißt, sind die drei Weltenwunder das Fundament unserer Existenz. Sie sichern das Gleichgewicht zwischen Himmelreich, Reich der Sterblichen und dem Dämonenreich. Doch nun sind sie verschwunden.«
Ein Raunen ging durch die Reihen der Götter. Li Tian runzelte die Stirn. Die Weltenwunder waren unantastbar, bewacht von den mächtigsten Göttern und Dämonen und versteckt an den sichersten Orten der drei Reiche. Wie konnten sie einfach verschwinden? 
»Konstabler Ling Feng«, fuhr der Kaiser fort, »berichte uns und dem Schwertmeister, was du entdeckt hast.« 
Ling Feng, ein gutaussehender niederer Gott in seinen frühen Dreißigern, trat vor. Seine Augen funkelten vor Ehrgeiz, und seine Bewegungen waren von einer überheblichen Eleganz geprägt. »Euer Majestät«, sagte er mit einer tiefen Verbeugung, »unsere Nachforschungen haben ergeben, dass die Sanduhr der Ewigkeit, der Amboss der Schöpfung und das Auge der Leere spurlos verschwunden sind. Ihre Hüter wurden überwältigt, ihre Schutzvorrichtungen durchbrochen.« 
»Wer hätte eine solche Macht, dies zu tun?«, fragte Li Tian. 
Ling Feng zuckte mit den Schultern. »Das ist noch unklar, Schwertmeister. Aber wir vermuten, dass ein finsterer Plan dahintersteckt. Jemand will das Gleichgewicht der Reiche stören, vielleicht sogar die Zeit selbst verändern.« 
Der Kaiser nickte zustimmend. »Die Lage ist ernst, Li Tian. Wenn die Weltenwunder nicht unverzüglich gefunden werden, droht das Chaos. Die Zeit könnte sich auflösen, die Sterblichen könnten in Anarchie versinken, und selbst die Götter könnten ihre Macht verlieren.« 
»Was wollt Ihr, dass ich tue?«, fragte Li Tian. 
»Ich beauftrage dich, die Weltenwunder wiederzufinden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen«, antwortete der Kaiser. »Du bist der mächtigste Krieger des Himmels, der Einzige, dem ich diese Aufgabe anvertrauen kann.« 
Einige der anderen Götter warfen Li Tian neidische Blicke zu. Sie hatten gehofft, selbst mit dieser wichtigen Mission betraut zu werden, aber der Kaiser hatte sich für ihn entschieden.
  »Ich werde mein Bestes geben, Euer Majestät«, sagte Li Tian. 
»Ich weiß, dass du uns nicht enttäuschen wirst«, antwortete der Kaiser. »Du kannst dir aussuchen, wer dich auf deiner Reise begleiten soll.« 
Li Tian blickte sich im Saal um. Seine Augen blieben an Bai Lian hängen, die am Rande der Versammlung stand. Sie lächelte ihm ermutigend zu. Er wusste, dass sie ihm eine wertvolle Hilfe sein würde. 
»Ich wähle Bai Lian, die Tochter des Gottes des Regenbogens, um mich zu begleiten«, sagte Li Tian. 
Ein Murren ging durch die Reihen der Götter, ein Gemisch aus Überraschung und Missbilligung. Als Halbgöttin, deren Mutter eine Sterbliche war, wurde Bai Lian von manchen abschätzig behandelt. Sie mochte zwar die Tochter des Gottes des Regenbogens sein, doch einige der alteingesessenen Himmelswesen sahen in ihr immer noch eine Emporkömmling, die ihren Platz im Himmelreich nur Li Tian verdankte. Doch sie vergaßen, dass Bai Lian eine begnadete Kämpferin war, deren Speer aus reinem Licht schon unzählige Dämonen ins Reich der Schatten geschickt hatte. Li Tian schätzte ihre Fähigkeiten und ihr unerschütterliches Herz mehr als den Dünkel so manch altehrwürdigen Gottes.
Der Kaiser nickte zustimmend. »So sei es. Bai Lian, du wirst Li Tian auf seiner Mission begleiten.« 
Bai Lian verbeugte sich tief vor dem Kaiser. »Ich werde gehorchen, Euer Majestät.« 
»Gut«, nickte der Kaiser. »Dann bereitet euch auf eure Aufgabe vor. Das Schicksal der drei Reiche ruht in euren Händen. Konstabler Ling Feng!« 
Ling Feng trat gehorsam vor. »Euer Majestät?« 
»Da du diesen Fall bereits untersucht hast, wirst du Li Tian und Bai Lian begleiten. Dein Wissen und dein Sachverstand werden von unschätzbarem Wert sein.« 
Ling Feng verbeugte sich tief, ein triumphierendes Funkeln in seinen Augen, das er jedoch geschickt verbarg. »Wie Ihr befehlt, Majestät. Es ist mir eine Ehre, dem Schwertmeister zur Seite zu stehen.« 
Der Kaiser wandte sich wieder Li Tian und Bai Lian zu. »Ich erwarte euren Bericht in Kürze. Möge das Qi und das Dao euch beschützen.« Die letzten Worte des Kaisers hallten noch durch den Thronsaal, als er mit einer leichten Handbewegung die übrigen Götter entließ. Ein leiser Windhauch, kaum mehr als das Flüstern eines alten Liedes, strich durch die Halle, als die Versammelten sich ehrerbietig verneigten und einer nach dem anderen ins Nichts verschwanden. Nur Li Tian, Bai Lian und Konstabler Ling Feng blieben zurück, das goldene Licht der hohen Fenster fiel allein auf sie und den Kaiser, der nun von einer unergründlichen Stille umgeben war. 
Der Herrscher des Himmelreiches erhob sich von seinem Thron, sein Blick ruhte schwer auf Li Tian. »Ihr bleibt«, sagte er mit ruhiger Stimme, die dennoch keinen Widerspruch duldete. Erst als keine Seele mehr im Thronsaal zu erspüren war, sprach er weiter.   »Schwertmeister Li Tian, Bai Lian, Konstabler Ling Feng«, begann er, »was ich euch nun anvertraue, übersteigt das Maß gewöhnlicher Verantwortung. Die drei Weltenwunder sind nicht bloße Symbole unserer Macht, sondern das Gefüge, das Himmelreich, Reich der Sterblichen und das Dämonenreich zusammenhält. Ihr Verlust ist eine Wunde im Gewebe des Dao selbst.« 
Er trat einen Schritt näher, sodass sein Schatten sich über das Mosaik des Bodens legte. »Ihr müsst verstehen, was auf dem Spiel steht. Die Sanduhr der Ewigkeit lenkt den Fluss der Zeit in allen Reichen. Wird sie missbraucht, könnte ein einzelner Wille Vergangenheit und Zukunft nach Belieben formen – Kriege, die nie enden, Erinnerungen, die ausgelöscht werden, oder gar das völlige Vergessen ganzer Zeitalter. Doch die Zeit ist kein Fluss, den man einfach umlenken kann. Jede Lenkung reißt Wunden ins Gewebe der Welt. Seelen, die in der Vergangenheit verweilen, zerfallen zu Schatten. Ein Tag, den man ungeschehen macht, kostet hundert Leben im jetzt und hier…« 
Sein Blick wanderte zu Bai Lian. »Der Amboss der Schöpfung ist Quelle und Grenze allen Stoffs der Welt. Wer ihn beherrscht, könnte Leben erschaffen oder vernichten, Berge versetzen, Ozeane austrocknen, die Ordnung der Elemente ins Chaos stürzen. Ein einziger Gedanke, und das Antlitz der Welten würde sich für immer wandeln. Doch die Schöpfung fordert stets ein Opfer. Berge, die aus dem Nichts entstehen, rauben der Erde ihre Seele. Ein neues Leben, das der Amboss formt, löscht ein altes aus… Balance ist kein Spiel, sondern ein blutiger Pakt mit dem Dao selbst…« 
Er legte die Hände auf den Rücken, seine Stimme wurde noch leiser, als flüsterte er ein Geheimnis, das selbst die Wände des Palastes nicht hören sollten. »Das Auge der Leere aber ist das gefährlichste der drei. Es sieht in das Nichts zwischen den Welten, dorthin, wo Zeit und Raum keine Bedeutung haben. Wer es zu lenken vermag, könnte Risse in das Gefüge der Existenz schlagen, Dämonen und vergessene Götter zurückrufen oder selbst zum Herrn über das Nichts werden. Ein solcher Frevel würde das Ende aller Dinge bedeuten. Die Leere ist kein Ort – sie ist ein Hunger. Sie frisst sich durch die Ordnung der Dinge wie Säure durch Stein. Ein Riss, der zu lange offen bleibt, und selbst die himmlischen Paläste würden zu Staub zerfallen…« 
Einen Moment lang herrscht Schweigen. Das Licht im Saal schien zu flackern, als hätte selbst der Himmel Angst vor diesen Worten.
»Noch«, fuhr der Kaiser fort, »ist das Gleichgewicht nicht völlig gestört. Die Artefakte sind getrennt, ihre Macht ruht. Doch sollten sie in einer Hand vereint werden, würden Zeichen am Himmel erscheinen: Die Sonne könnte bluten, Flüsse rückwärts fließen, der Schlaf der Sterblichen von Albträumen heimgesucht werden, und selbst wir Götter könnten unsere Unsterblichkeit verlieren.«
Er sah Li Tian fest an, seine Stimme schneidend wie ein Schwert. »Verstehst du, Schwertmeister? Dies ist keine gewöhnliche Aufgabe. Es ist die Prüfung deines Lebens. Du darfst nicht zögern, nicht zweifeln – und niemandem trauen, dessen Herz du nicht kennst. Die Versuchung, solche Macht zu nutzen, ist groß. Viele wurden schon von ihr verführt. Ihr drei müsst stärker sein.« 
Li Tian verneigte sich tief. »Majestät, ich schwöre beim Dao des Schwertes: Diese Aufgabe werde ich mit allem, was ich bin, erfüllen.« 
Der Kaiser nickte langsam. »Ich weiß um deine Treue, Li Tian. Doch auch du bist nicht unfehlbar. Die Artefakte tragen einen verborgenen Preis. Wer sie zu lange hält, dessen Seele wird von ihrem Fluch berührt. Macht verlangt Opfer – und nicht immer sind es die, die man bereit ist zu erbringen.«
Er wandte sich an Ling Feng. »Konstabler, du hast den Fall bisher mit Umsicht verfolgt. Dein Sachverstand wird auf dieser Reise von großem Nutzen sein. Doch hüte dich vor Hochmut. Die Wege des Dao sind verschlungen, und nicht immer führt der gerade Pfad ans Ziel.« 
Ling Feng verbeugte sich, die Stimme fest: »Majestät, ich danke für das Vertrauen. Eurem Befehl werde ich mit wachen Sinnen folgen.« 
Der Kaiser ließ seinen Blick noch einmal über die drei schweifen. »Ihr seid nun die letzte Hoffnung der drei Reiche. Versagt ihr, so droht das Ende allen Seins. Geht – und lasst euch nicht von Furcht oder Ehrgeiz leiten. Möge das Dao euch führen.« 
Mit einer letzten, feierlichen Geste entließ er sie aus seiner Halle. Die Türen des Thronsaals öffneten sich lautlos, und der kühle Hauch des Himmelsreichs empfing die drei, die nun mit der Last des Schicksals auf ihren Schultern hinaus in die Ungewissheit traten.
Bai Lian sagte mit einem zwinkernden Auge: »Ich bin bereit, Euch zu dienen, Schwertmeister.« 
Li Tian lächelte zurück. »Ich weiß, dass du mich nicht enttäuschen wirst, Bai Lian. Gemeinsam finden wir die Weltenwunder und stellen das Gleichgewicht wieder her – doch die Zeit drängt. Die ersten Zeichen des Verfalls zeigen sich bereits.« 
An den Konstabler gerichtet, sprach der Schwertmeister: »Ich erwarte dich in zwei Stunden in meinem Palast. Wir brechen unverzüglich auf.« 
»Wie Ihr befehlt, 神尊 (Shen-zun)«, war seine knappe Antwort.